Einleitung

Historischer Materialismus und politische Ökonomie des Sozialismus sind dort, wo sie sich treffen in der Analyse der Produktionsverhältnisse des Sozialismus, gleichermaßen mit der Kategorie Eigentum konfrontiert. An der Diskussion zur methodologischen Bedeutung der Kategorie Eigentum haben sich daher in den zurückliegenden 15 Jahren zahlreich auch die Philosophen und Ökonomen der DDR beteiligt. Auf dem Hintergrund dieser Diskussion wird in der vorliegenden Arbeit einer der dynamischten und vielschichtigsten Prozesse des sozialistischen Aufbaus behandelt: die genossenschaftlich-sozialistische Umgestaltung der privatbäuerlichen Landwirtschaft.

Diese Aufgabe konnte nur in Angriff genommen werden, weil die Agrarökonomen der DDR in mehr als fünfundzwanzig Jahren einen außerordentlich reichen Fundus detaillierter Untersuchungen zu Problemen der Gestaltung genossenschaftlich-sozialistischer Produktionsverhältnisse in der Landwirtschaft veröffentlicht haben. Die Aufarbeitung dieses umfangreichen Materials in Verbindung mit den Dokumenten der marxistisch-leninistischen Agrarpolitik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands erweist sich aus heutiger Perspektive als unersetzbarer Quell tieferer Einsichten in einen Entwicklungsprozeß, der keineswegs abgeschlossen ist.

Aus den vielen einzelnen Bausteinen, die die Agrarökonomik geliefert hat, läßt sich ein vollständiges Mosaik der komplizierten und widersprüchlichen Entwicklung unserer Agrarverhältnisse zusammensetzen, wenn man jenes "innere Band" der Produktionsverhältnisse ergreift, welches das Eigentum ist. Was könnte eine überzeugendere Bestätigung der Auffassung sein, wonach das Eigentum die grundlegende Beziehung einer jeweiligen Totalität von Produktionsverhältnissen darstellt?

In der Darstellung der Eigentumsverhältnisse der genossenschaftlich-sozialistischen Landwirtschaft in der DDR, wie sie im Hauptteil der vorliegenden Dissertation versucht wird, dominiert das historische Moment gegenüber dem logischen. Logisches und Historisches sind nicht voneinander zu trennen. Die Erschließung der empirisch konstatierbaren historischen Vorgänge ist dabei jedoch die erste und verläßlichste Voraussetzung eines tieferen Eindringens in Wesenszusammenhänge.

Da im II. Teil der vorliegenden Promotionsschrift möglichst große Authentizität angestrebt wird, war eine sehr weitgehende Begrenzung des I. Teils unvermeidlich.

Der erste Abschnitt des I. Teils behandelt die Grundposition der Marxschen Eigentumsauffassung. Da wir Marx nicht gerecht werden, indem wir lediglich einzelne passende Aussagen aus seinem ökonomisch-philosophischen Erbe herausgreifen, lautet die Aufgabe: Darstellung der einzelnen Marxschen Äußerungen zum Eigentum in ihren theoriegeschichtlichen Zusammenhängen. Dabei waren folgende Fragen zu beantworten: Worin besteht das Wesen der dialektisch-materialistischen Eigentumsauffassung von Karl Marx? Wie erklären sich die verschiedenen Akzentuierungen einzelner Aspekte seiner Eigentumsauffassung in den verschiedenen Schaffensperioden und bei der Behandlung unterschiedlicher Forschungsgegenstände des Begründers unserer Theorie und wissenschaftlichen Weltanschauung?

Für die Analyse und Darstellung von Agragverhältnissen bedarf es spezieller theoretischer Grundlagen, die im zweiten Abschnitt des I. Teils erörtert werden. Daß das Eigentum eine mehrgliedrige gesellschaftliche Beziehung ist, tritt in der Landwirtschaft in besonderer Weise zutage.

Für die Agrarverhältnisse gilt sowohl unter kapitalistischen wie unter sozialistischen Verhältnissen, daß ihre innere Entwicklung in Wesen und Inhalt bestimmt wird durch Prozesse und Verhältnisse, die sich außerhalb der Landwirtschaft entwickeln. Komplexität und Detailliertheit sind voneinander nicht zu trennen, wenn wir auf dialektische Zusammenhänge abzielen.

Wie sich bei der Erarbeitung des II. Teils der vorliegenden Promotionsschrift zeigte, entwickeln sich die verschiedenen Teilaspekte der agrarischen Eigentumsverhältnisse ungleichmäßig. Dem mußte durch eine gewisse Verzweigung der Darstellung entsprochen werden.

Zwei Teilprozesse, die in die siebziger Jahre fallen, wurden dabei ausgeklammert. Es handelt sich dabei zum einen um die Herausbildung der Kooperationsverbände der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft und zum anderen der Agrar-Industrie-Vereinigungen. In beiden Prozessen nimmt die Tendenz des genossenschaftlich-sozialistischen Eigentums Gestalt an, die in seiner immer tieferen Integration in den Reproduktionsprozeß des gesellschaftlichen Eigentums besteht. Eine Wertung der Kooperationsverbände und der Agrar-Industrie-Vereinigung aus der Sicht der volkswirtschaftlichen Reproduktionsbedingungen der achtziger Jahre würde den Rahmen und die Zielstellung der vorliegenden Arbeit weit überschreiten. Auch unter Verzicht auf ein solches Unterfangen ist es möglich, eine grundsätzliche Charakteristik der Entwicklung der genossenschaftlich-sozialistischen Eigentumsverhältnisse in unserer Landwirtschaft herauszuarbeiten.

Die Entwicklung der genossenschaftlich-sozialistischen Landwirtschaft in der DDR ist ein ständiges, beharrliches Ringen um gesellschaftlichen Fortschritt, ist ein ununterbrochener Prozeß der Lösung und Neusetzung dialektischer Widersprüche. Unser Stolz auf das Erreichte wächst mit dem Bewußtsein der Kompliziertheit der Probleme, in deren Lösung sich die Bürger unseres sozialistischen Staates zu Persönlichkeiten entwickeln.

Die Entwicklung der genossenschaftlich-sozialistischen Landwirtschaft in der DDR ist ein ständiges, beharrliches Ringen um gesellschaftlichen Fortschritt, ist ein ununterbrochener Prozeß der Lösung und Neusetzung dialektischer Widersprüche. Unser Stolz auf das Erreichte wächst mit dem Bewußtsein der Kompliziertheit der Probleme, in deren Lösung sich die Bürger unseres sozialistischen Staates zu Persönlichkeiten entwickeln.

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