Kleiner Knigge für den Umgang mit Autoren

Vorbemerkung: So, wie Ekkehard Saß als Rundfunkautor den idealen Partner auf Seiten der Redaktion sieht, wäre nun noch ein Text von der anderen Position aus einzuholen. Der könnte dann neben dem Folgenden stehen.

© Ekkehard Saß
(Vorgetragen auf einem Feature-Seminar im Studio Basel 1978 und nun noch einmal zu den IV. Boltenhagener Tagen für akustische Medien am 5.10.2002)

Äußere nie einen Zweifel an der Fähigkeit des Autors,
traue ihm alles zu,
aber überfordere nicht seine innere Wahrhaftigkeit.

Versuche, gleich zu Anfang eine Linie des Projektes zu zeigen,
aber mache diese Linie nicht zur Verpflichtung.

Statte den Autor mit Reisekosten aus
und sei ihm behilflich bei der Recherche zum Thema.

Halte während der ganzen Forschungszeit (Sammeln von Tondokumenten) Kontakt zum Autor, er zittert davor, Du könntest den Auftrag vergessen haben.

Schließe womöglich einen Vertrag mit dem verabredeten Honorar
und gönne Zwischenzahlungen bei sehr umfangreicher Arbeit.

Versorge den Autor mit Drucksachen, die Dir zu dem Thema in die Hand fallen.

Laß Dir während der Aufnahmezeit immer wieder berichten
und ermuntere den Autor durch erste Begeisterung von seinem Einsatz.

Nimm Dir Zeit, einige Aufnahmen anzuhören.

Überlege, welchen Regisseur Du dem Autor zugesellst. Der falsche kann monatelange Arbeit zunichte machen.

Inszeniert der Autor selbst, versuche an Aufzeichnungen heranzukommen.
Sieh Dir die Tonbandprotokolle etwas gründlicher als üblich an.

Halte das Gespräch aufrecht,
gib aber nie das Gefühl,
Du wollest bestimmen oder gar manipulieren.

Grundsätzlich solltest Du davon ausgehen, daß es der Autor rechtmachen wird,
denn er kennt den Stoff so,
wie Du ihn nie kennenlernen kannst vom Schreibtisch aus.

Ermuntere ihn während der Produktion
und gib Einwände als Anregungen weiter.
Jeder gute Autor wird kluge Erwägungen berücksichtigen und sich nicht um jeden Preis durchsetzen wollen.

Springe über Deinen eigenen Redakteursschatten
und erkenne Dein tiefsitzendes Eingreifsyndrom und bekämpfe es.

Lobe den Autor nach vollendeter Arbeit
und laß Deine Kritik nur in kleine Nebensätze einfließen.

Belohne die Arbeit mit einem Sonderhonorar
und behalte den Satz "Mit dem nie wieder!" - für Dich.


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