Reinhard Walter

ist zu hause in Berlin, stammt aber aus Görlitz, wo er am 3. 11. 1940 - wie man so sagt - das Licht der Welt erblickte.

Mit dem Licht der Welt wurde es für ihn schwierig, und so musste er 1956 seine Görlitzer Schule mit einer Spezialschule für Blinde in Königs Wusterhausen vertauschen, wo er sein Abitur ablegte.

Ab August 1960 folgte die Ausbildung zum Spezialfacharbeiter für Funktechnik, die zur Anstellung im Betriebsdienst des Funkhauses Berlin führte.

1973 wechselte R. W. in die Abteilung Musik- und Hörspielproduktion und 1976 nahm er an der Renommierten Hochschule für Musik "Hans Eisler" Berlin ein Fernstudium zum Musiktoningenieur auf, das er 1985 als Diplom-Tonmeister abschloss.

Beruflich hat R. W. die Umbrüche in der Berliner Nalepastraße mitgemacht. Bei ihm ist keine Spur von rückwärtsgewandter Trauer zu spüren, aber auch bei Reinhard Walter findet sich bestätigt, was viele, die es mitgemacht haben, berichten: Das Zeitenloch zwischen Staatsrundfunk und öffentlich-rechtlichem rundfunk, war ein unerhörter Freiraum. Um Weihnachten 1990 lief auf dem in Auflösung begriffenen Radio DDR eine sontagmittägliche Musiksendung, in der an Stelle von Moderationen Musikbrücken standen, die R. Walter am Keyboard improvisierte.

Die Freunde des Rundfunkfernempfangs wird interessieren, dass die unvergessene Sendung "DX Aktuell" (DS Kultur, später DLR) bis zu deren Ende im September 1994 gleichfalls in den guten Händen von R. W. lag, der sie auch reichlich mit Jingles schmückte.

R. W. gehörte zu denen, die mit der Konkursmasse des DDR-Rundfunks von Deutschlandradio Berlin übernommen wurden; doch seit 1998 ist dieser Lebensabschnitt vorbei, arbeitet R. W. im eigenen Tonstudio.

Während seines Studiums an der Musikhochschule machte Reinhard Walter auch einen Abschluss als Jazzpianist. Kompositionsunterricht nahm er bei keinem Geringeren als Prof. Wolfram Heiking.

Als Toningenieur betreute R. W. ab 1986 das Orchester Siegfried Mai. Dort genoss er schon vorher Vertrauen und Ansehen, hatte er doch für das RTSO (Rundfunktanzstreichorchester) schon vorher Arrangements geschrieben.

Seine erste Jazzformation gründete R. W. Anfang der 60er Jahre. In der Geschichtsschreibung der Görlitzer Jazzszene ist ein Auftritt des Reinhard-Walter-Trios i.J. 1965 vermerkt. Walter spielte damals mit Musikern, die später zur ersten Garde des europäischen Jazz zählten wie Hubert Katzenbeier (Posuane) und Wolfgang "Zicke" Schneider (dr). Mehr aus Görlitz!

Von 1976 bis 1983 war er Mitglied im Friedhelm-Schönfeld-Trio und trat mit diesem beim Jazzfest in Warschau auf.

Beim VEB Deutsche Schallplatte, wo eine scharfe, nicht zuletzt künstlerische Auslese getroffen wurde, konnte R. W. 1986 eine eigne Langspielplatte "Lights" (Amiga 856221) veröffentlichen und mit der Sängerin Pascal von Wroblewski im gleichen Jahr die LP "Swinging Pool" (Amiga 856215) herausbringen. Die Sängerin Rosa Groth hebt in ihrer Biographie die Lehrjahre bei Reinhard Walter ausdrücklich hervor.

Als Komponist war Reinhard Walter an zahlreichen Hörspielproduktionen beteiligt. Wenn man ihn bittet, aus dieser Vielzahl drei zu nennen, die seinem Herzen nahe sind, zählt er auf: "Die Möwenesser", "Vineta" und "Jakob und der Andere". Ich darf noch drei ergänzen:

"Die Carlton-Komödie" (Dezember 1989), "Der letzte Anruf" (Krimi, Dezember 1989) und das Kinderhörspiel "König Bamba" (1991). Unter den Sprechern, Autoren und Regisseueren sind jede Menge bekannte Namen: Daniel Minetti, Jürgen Frohriep; Fritz Rudolf Fries, Jan Eik; Barbara Plensat, Peter Groeger und Albrecht Surkau.

Unter dem Namen "Berliner Invalidenorchester" gab Reinhard Walter schon viele Duokonzerte mit dem hoch angesehenen Cellisten Jens Naumilkat. Beide spielen damit wohl an auf das alte Bild vom Blinden und vom Lahmen. Jens Naumilkat ist am 28. Januar 1977 auf dem Weg zu einem Auftritt mit Barbara Thalheim in einen Verkehrsunfall geraten, der zu einer Querschnittslähmung führte. Jens ist aber auch so einer, der unmögliches möglich macht. Der gefragte Musiker bewegt sich auf seinen Krücken von Engagement zu Engagement. Mit Mikis Theodorakis ist er praktisch weltweit unterwegs.

Doch zurück zu Reinhard Walter. Er arbeitet als Komponist und Bearbeiter von Hörspiel- und Filmmusiken, gibt Solokonzerte und ist, wie er sagt, immer für ein Experiment zu haben.

Für die Dunkelbühne in der unsicht-Bar Berlin inszenierte Reinhard Walter mit den Schauspielern Marietta Rohrer und Fritz Eggert das Stück "Ein Dunkles, bitte". Premiere war am 23. Januar 2003.

Die IV. Boltenhagener Tage für akustische Medienhat der Tonmeister durch einen interessanten und akustisch illustrierten Vortrag bereichert. Nun freuen wir uns auf die V. Medientage und seine Mitwirkung am Boltenhagener Feature-Seminar.

Nachtrag

Reinhard Walter hat sich in die VI. Boltenhagener Medientage mit seinen Acoustic-Art-Erfahrungen eingebracht. Die Vorstellung von 6-Kanal-Produktionen war möglich, weil er selbst dem Förderverein Ostseeperlen Boltenhagen seinen technischen Sachverstand zur Verfügung gestellt hat, so dass das "Haus Seeschlößchen" heute als eine echte Hörberge über eine angemessene Beschallungsanlage verfügt.


Zum Ablauf der Boltenhagener Tage für akustische MedienStartseite von Klang kon Text!Zu Jürgen Trinkus
Erstellt am 10.07.2002Zuletzt geändert am 20.02.2005