| Wolfgang Schlüter (Vibes) | Boris Netsvetaev (p) | Kai Bussenius (dr) | Lucas Lindholm (b) |
"Augen zu und - anders sehen" geht am 15.10.2005 im Kleinen Theater Bargteheide mit einem hörenswerten und denkwürdigen Jazz-Konzert zu Ende. Hierzu hat Wolfgang Schlüter eine großartige Formation zusammengerufen. Und als Spezialgast wird der wortmächtige Michael Naura Texte unter dem Titel "Fortissimo" beisteuern.
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Konrad Heidkamp in "Jazz aktuell" auf ! NDR info.
Der Abend hat eine eigene Vorgeschichte.
Am 19. November 2003 zellebrierten Michael Naura und Wolfgang Schlüter für unser Kulturprojekt blickfrei" ihre "Zehn Arten den Blues zu spielen. Das war in mehrfacher Hinsicht ein gewagtes Unterfangen. Ein nicht eben tief in der Kieler Kulturszene verwurzeltes Projekt des Blinden- und Sehbehindertenvereins organisiert eine Jazz-Veranstaltung. Nun, die Namen der Musiker füllten das KulturForum in der Kieler Stadtgalerie. Schwieriger schien das zweite Moment: Die Veranstaltung sollte teilweise im Dunkeln stattfinden. Auch das war kein Problem.
Wenige Monate später rief mich ganz unerwartet Prof. Schlüter an und sagte, nun sei er es, der Hilfe brauche. Mit einem Schlag hatten innere Blutungen sein Sehvermögen aufs Schwerste beinträchtigt. Er suchte Rat und Vermittlung von Hilfe.
Wolfgang Schlüter hat sich mit seiner neuen Situation halbwegs arrangiert. Hilfe zur Selbsthilfe fand er bei der Vorsitzenden und dem Mobilitätstrainer des BSVSH.
Als wir Wolfgang Schlüter nun fragten, ob er zu unserem ehrgeizigen Kunstprojekt am Abschlusstag der bundesweiten Woche des Sehens 2005 beitragen kann, war er dazu gern bereit. Und nun freuen wir uns auf einen einmaligen Abend.
Wolfgang Schlüter (Vibraphon) |
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Für viele "gilt er als der bedeutendste Vibraphonist Europas." (so zu lesen auf der Internetseite von "Strings of Fire" Leipzig 2004. Und im Programm der Jazz Tage Lichtensteig wird er gefeiert als "ein Urgestein der deutschen Jazzgeschichte, Europas Antwort auf Red Norvo, Milt Jackson, Gary Burton oder Lionel Hampton. "Die Welt" nenntt ihn anlässlich des Abschiedskonzerts als Jazz-Professor am 20.02.2002 "Spitzen-Klöppler, der das Spiel mit zwei Schlägeln genauso virtuos beherrscht wie das mit vieren."
Stephan Meier im NDR Jazz Talk am 24.4.1997: "Es ist für mich immer wieder verwunderlich, wie wenig Schallplatten es von Wolfgang Schlüter unter seinem eigenen Namen gibt. Vergleicht man die Discographie etwa mit Gerry Burton, dann ist Schlüter ein regelrechtes Waisenkind und das, obwohl er seit Jahrzehnten die europäische Vibraphonszene dominiert und vortreffliche Arrangements und Kompositionen geschrieben hat für große und kleine Formationen. Auch seine Biographie in den einschlägigen Lexika wird meist nach wenigen Sätzen mit dem Hinweis 'Rest siehe Michael Naura' abgebrochen."
Wolfgang Schlüter wurde am 12. November 1933 in Berlin geboren.
Von 1949 bis 1954 ließ er sich an der Hochschule für Musik in Berlin als Orchestermusiker für Pauken und Schlagzeug ausbilden. Seinen ersten Lebensplan musste er jedoch schon im Alter von 17 Jahren begraben. Ein Missgeschick bescherte ihm ein steifes Kniegelenk, mit dem er nicht Solopauker werden konnte.
Zum alles entscheidenden Schlüsselerlebnis, das sein Leben veränderte, wurde noch während des Studiums im Jahre 1952 ein Konzert des großen Lionel Hampton. Durch ihn entdeckte der Student Schlüter sein Interesse für den Jazz und das Vibraphon. Bereits
ein Jahr später im Herbst 1953 gründete Wolfgang Schlüter mit Michael Naura eine Studentenband, die nach dem Vorbild des George Shearing Quintetts mit Vibraphon, Gitarre, Klavier, Bass und Schlagzeug besetzt war. Naura und Schlüter blieben musikalisch 50 Jahre lang verbunden.
Nach Abschluss des Studiums bot sich eine Chance, das Leben als Orcherstermusiker beim Radiosymphonieorchester Dublin überschaubar einzurichten. Mit dem Swedish Quintett von Michael Naura war in Berlin kein Geld mehr zu verdienen. Die Wartezeit bis Dienstantritt in Dublin am 1.1.1956 überbrückte er mit Swing bei Harry Pohl in Westdeutschland. Die öffneten ihm die Türen in die Jazz-Gemeinde. So lernte er in ersten Jam Sessions Musiker wie Hans Koller oder die Brüder Mangelsdorff kennen und gründete im August 1956 mit Michael Naura das legendäre Michael Naura Quintett. Bis 1963 hielt sie an, die Oxentour in den Jazz-Club-Nächten, bis zum physischen Zusammenbruch von Michael Naura.
Nach Auflösung des Quintetts im Jahr 1963 spielte Wolfgang Schlüter als Solist in den bekannten deutschen Rundfunk-Orchestern, bei Kurt Edelhagen, Erwin Lehn, Werner Müller, Paul Kuhn und Franz Thon, der ihn 1965 als ständiges Mitglied in das damalige NDR-Tanzorchester holte. Hier war er in den diversen Besetzungen des Orchesters als Perkussionist wie als Solist auf Vibra- und Marimbaphon tätig.
Besonders half er der NDR-Studioband auf die Beine, jener Formation, mit der die Musiker ab 1963 erste Jazzprojekte realisierten und aus der die heutige NDR-Bigband hervorging. Ihr gehörte er 30 Jahre, bis 1995 als Solist an.
Am 3. November 2001 wurde Wolfgang Schlüter im Rahmen des Jazzfestes in Berlin der mit 20.000 DM ausgestattete Albert Mangelsdorff-Preis (Deutscher Jazzpreis) übergeben. am 20. Februar 2002 beendete er mit dem Konzert "Vibrations never stop" seine Tätigkeit als freier Professor an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Hamburg. Am 8. Januar 2004 folgte in der Hamburger "Fabrik" das Abschiedskonzert des Duos Naura-Schlüter. Schlüters musikalische Aktivitäten waren damit allerdings nicht beendet. Bezeichnend ist - und dafür wird der Abend in Bargteheide beredtes Zeugnis ablegen -, dass sowohl Musiker der "new generation" als auch gestandene Altmeister mit ihm agieren.
Quelle u.a.: Swinging Hamburg - Die Webseite aus der Jazzhauptstadt Hamburg
sind 2 seiner ehemaligen Schüler und ein langjähriger Gefährte aus den NDR-Bigband-Zeiten.
Boris Netsvetaev (Klavier) |
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wurde am 29. November 1976 in St. Petersburg geboren. Klassischen Klavierunterricht erhielt er bereits im 6. Lebensjahr. Im Sommer 1992 kam er ans Musikalische Fachgymnasium "Rimski Korsakow" St. Petersburg, wo er bis 1996 Musiktheorie und Komposition studierte. In diesen Jahren erwachte sein Interesse am Jazz. Als er an einem Frühlingsabend des Jahres 1993 das John Coltrane Quartett im Fernsehen hörte und sah, war das für Boris Netsvetaev die Initiation, sich dem Jazz zu verschreiben. Er gründete seine erste Formation, ein Trio aus Klavier, Oboe und Trompete. Aber diese Schüler-aAktivitäten kollidierten mit dem konservativen Geist der ehrwürdigen Lehranstalt.
Seine Teilnahme am St. Petersburger Jazz-Piano-Wettbewerb im November 1995, wo er den dritten Preis errang, hätte die Eintrittskarte sein können in die St. Petersburger Jazz-Gemeindee, aber da war der junge Mann bereits entschlossen, diese Jazzprovinz in Richtung Westeuropa zu verlassen.
Im Juli 1996 übersiedelte Boris Netsvetaev nach Köln. Ein Jahr später nahm er sein Studium im Bereich Jazz der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Hamburg auf. Lehrer während des Studiums bis zum Jahre 2002 waren u.a. Dieter Glawischnig (piano, composition, big band) und Wolfgang Schlüter (ensemble). Als wichtige Station seiner Ausbildung betrachtet der Pianist den "Banff International Jazz Workshop" in Kanada, wo er mit Kenny Werner, Dave Douglas, Hugh Frazer, Joe Lovano und Dave Holland arbeiten konnte.
Seit seiner Übersiedlung nach Deutschland betätigt sich Netsvetaev als Band-Musiker in verschiedenen Formationen: Dem Quintett "IMPACT", dem Trio "NETSVETAEV-STEEN-BUSSENIUS", im "TARIK HUSSEINI TRIO" Hamburg, "LENA BLOCH BAND" Köln und der "STEVE REID BAND" in Lugano. Weitere Projekte, an denen er beteiligt war oder ist:
- Musical-Produktion "König der Löwen" (als Sub) und
- Das Couplet-Ensemble (diese Hamburger Formation ist auf Couplets von Otto Reuter spezialisiert).
Aus der Reihe internationaler Musiker, mit denen Netsvetaev spielte, nennt er selbst: Franco Ambrosetti, Keith Copeland, John Marshall, Monty Waters, Steve Reid sowie - und hier schließt sich unser Kreis - Wolfgang Schlüter und die NDR Big Band. Aus der Reihe der internationalen Jazz-Festivals, an denen er teil nahm, nennt der Pianist: "Plovdiv International Jazz Festival 1999" (Bulgarien), "Leverkusener Jazztage 2000", "Ingolstädter Jazztage 2001", Jazzfestival in Avignon 2002, "Lugano International Jazz Festival 2002", "Olten Jazz Festival 2003" sowie "Slany Jazzfestival 2003" (Tschechische Republik). 2000 wurde Boris Netsvetaev mit dem Förderpreis "Medica Pro Musica" ausgezeichnet. In verschiedenen Besetzungen konzertierte er in London, Stockholm, Moskau, Locarno, Hamburg, Köln, Berlin, München und - fügen wir froh hinzu - nun also auch in Bargteheide!
Zusammengestellt nach:
Homepage von Boris Netsvetaev,
Erste Hamburger Jazztage
Kai Bussenius (Schlagzeug) |
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Kai Lukas Bussenius, geboren 1976, spielt seit frühester Kindheit Schlagzeug. Er schloss ein Jazz-Studium (und Klassik-Studium) an der HfM Hamburg ab. (Unterricht u.a. bei Jeff Hamilton, Ed Thigpen, John Riley, Wolfgang Haffner). Bussenius wirkte schon in diversen nationalen und internationalen Band-Projekten mit, u.a.im Bundesjazz-Orchester (Ltg. Peter Herbolzheimer) und spielte u.a. mit Dave Liebman, Herb Geller, John Abercrombie, Kenny Wheeler und Wolfgang Schlüter.
Ab Ende August 2004 lebte Kai Bussenius ein Jahr in New York. Als Wohnort hat er Berlin gewählt.
Quellen:
Homepage von Kai Bussenius
Erste Hamburger Jazztage
Lucas Lindholm (Kontrabass) |
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Lucas Lindholm wurde 1943 in Lund (Schweden) geboren. Er spielte schon als 15-jähriger Studentenclubs in seiner Heimatstadt. 1969 ging er als Studiomusiker nach Stockholm. Franz Thon holte ihn 1971 (38-jährig) in die NDR-Bigband.
Zu Lindholms Biographie gehören Tourneen mit Kenny Dorham, Dexter Gordon, Peter Herbolzheimer, darüber hinaus LPs und CDs mit Rolf Ericson, Herb Geller, Johnny Griffin, Wolfgang Schlüter und anderen. Bands u.a.:
Günter Fuhlisch-Ladi Geisler Quintett
NDR Bigband (1971)
Sendecki-Riel-Büchner-Lindholm Quartett
Wolfgang Schlüter's Swing Revival.
Zu seinen musikalischen Partnern gehören die Großen des Jazz: Chet Baker, McCoy Tyner, John Taylor, Kenny Wheeler u.v.a.
Lucas Lindholm ist Professor an der Hamburger Musikhochschule.
Weiterführende Links:
Die NDR - BigBand
Swinging Hamburg - Die Webseite aus der Jazzhauptstadt Hamburg
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| Erstellt am 20.09.2005 | Zuletzt geändert am 14.10.2005 | Mail an den Seitenautor: Jürgen Trinkus | Zur Homepage von J. Trinkus! |