Zur Sache

Der Boom kommt mal wieder aus Amerika. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum die Audio-Zunft gern vom Audiobook spricht. Die Existenz des Hörbuchs für Blinde ist nämlich einigen Vertretern der Branche richtig peinlich. Man betont gern, dass die Kundschaft überwiegend eben weder Analphabeten oder Lesefaule noch Blinde seien.

Tatsächlich erfreuen sich die Hörbuchabteilungen der öffentlichen Bibliotheken einer steigenden Frequentierung und wachsen prächtig. Die Entleiher sind Menschen, deren Augen anderweitig, vor allem an Bildschirmarbeitsplätzen und im Straßenverkehr, stark ermüdet werden, ohne dass der Geist damit schon befriedigt wäre. Auch werden große Stimmen oder authentische Autorenlesungen angeboten, die das eigene Leseerlebnis schön ergänzen.

Die Blindenhörbüchereien sind damit keineswegs überflüssig geworden. Audiobooks sind alles andere als preisgünstig, wenn man sie in großen Mengen genießen möchte. Sie sind daher oft auch textlich abgespeckt und nicht selten effektvoll gestaltet. Größeren Produktionsaufwand kann die junge Branche dennoch kaum treiben, weshalb die Archive und Produktionsabteilungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die große Schatzkammer sind, aus der sich die Editionen der Hörbuchverlage gerne nähren.

In den Blindenhörbüchereien werden die Orginalbücher textgenau aufgelesen. Die Verlage gestatten diese Hörbuchadaptionen allerdings nur unter der Auflage, dass die Hörbücher ausschließlich der kostenlosen Ausleihe an Blinde und Sehbehinderte dienen. Auch diese Gestattung ist immer schwerer zu erhalten in einer Zeit, wo die Verlage das Audiobook für sich entdecken.

Auch wenn Blinde/Sehbehinderte mittlerweile einen breiteren Zugang zur Literatur haben, bleiben die Blindenhörbüchereien unverzichtbar. Zwar ermöglicht mir mein Scanner-Lesegerät, ein Buch meiner Wahl frisch aus dem Handel in den Computer ein- und per Sprachausgabe wieder auszulesen; aber ein ästhetisches Vergnügen ist das nicht.

Zur Veranschaulichung des Klannges einer elektronischen Lesestimme habe ich einen Hörvergleich zum Beispiel aus Barbara Thalheim: "Mugge" ins Netz gestellt.

Zwar sind Audiobooks in wachsender Zahl und immer öfter auch zeitgleich mit den gedruckten Vorlagen erhältlich; aber die folgen recht selten treu der Textvorlage, kürzen sie vielmehr ein, dünnen sie aus, interpretieren, gestalten oder adaptieren sie mit allen möglichen Vortragsmitteln und Effekten. Oder die Exzentrik des schauspielernden großen Interpreten schiebt sich allzu heftig zwischen mich und den Text.

Deshalb haben wir in Boltenhagen alljährlich eine Blindenhörbücherei zu Gast. Genauere Informationen finden Sie in den jeweiligen Ablaufplänen hier im Rückblick! 2002 fiel das leider krankheitshalber aus, so dass wir den einzigen Blinden unter den professionellen Vorlesern in der deutschen Autiobooks´zene Reiner Unglaub leider nicht erleben konnten.

Die kompetenteste Online-Hörbuchhandlung ist wahrscheinlich "Der Hörbuchladen" - und in der schlankeren Version als "Blindenhörbuchladen".

Fast slle unserer Autoren, die an den Abenden lesen, sind übrigens im Hörbuchbereich präsent. Erica Fischerwird anlässlich ihrer Lesung die gerade in der Norddeutschen Blindenbücherei in Hamburg erschienene Hörbuchfassung ihres Buches Die Liebe der Lena Goldnadel als Belegexemplar und Dankeschön überreicht bekommen. Die Leiterin der Norddeutschen Blindenhörbücherei Frau Elke Dittmer war unser Gast im Vorjahr. So schließen sich Kreise und entstehen Vernetzungen.

Hier können Sie den Klappentext hören, gelesen von Silke Marr!

Dass Jens Sparschuh in Boltenhagen liest, hat auch etwas mit einem Hörbuch zu tun. Er hat seinen Zimmerspringbrunnen höchstselbst auf Kassetten gelesen. Auftraggeber war die Berliner Hörbücherei für Zivil- und Kriegsblinde, die wir am 6. mai 2001 zu Gast hatten. Ihrem Geschäftsführer verdanken wir auch den Tipp, der uns am 11. Mai 2002 einen unvergesslichen Abend mit Horst Bosetzky alias -ky bescherte.

Erstellt am 20-02-2001Zuletzt geändert am 20.02.2005